Vogelsangkirche
Die Vogelsangkirche aus dem Jahr 1648 gilt als älteste lutherische Kirche im Raum Aachen. In einer Urkunde aus dem Jahr 1648 wird sie die »Zuflucht der Trostlosen und Mutterkirche der Verfolgten« genannt.
Mit dem Bau der Kirche ist der Name des Pfarrers Johann Eraßmus Blum verbunden. Er kommt im Alter von 24 Jahren nach Stolberg. Begeistert greift er den Plan, eine Kirche zu bauen, auf und unternimmt weite Reisen durch Deutschland, Holland und Schweden, um Spenden für den Kirchbau zu sammeln. Seine beiden Kollektenbücher belegen mit farbenprächtigen Wappenbildern und Spendenurkunden, welche Wege er genommen hat. 1647 wurde mit dem Bau begonnen. Pfingsten 1648 war das Gotteshaus vollendet. Das Pfarrhaus, mit der Kirche unter gleichem Dach, wurde später erbaut.
Die Kirche wirkt schlicht. Die Fenster sind unregelmäßig. Decke und Wände sind weiß gehalten. Orgel, Kanzel und Kanzelaufgang, Bänke und Empore waren früher übermalt. Heute sind sie in natürlichen Holzton belassen. Altar, Kanzel und Orgel stehen in einer Achse übereinander. Der Altar und der Sockel des Taufbeckens sind aus Steinquadern erbaut.
Vor dem Altar liegen vier Grabplatten. Links außen ist lateinisch zu lesen: »Joh. Peter Wuppermann aus Elverfeld und Barmen, geb. im Jahre 1699, am 27. März 1779 gestorben. Seine Gattin Sara Anna Catharina geb. Eichholtz in Düsseldorf geboren 1700, gestorben 1767.« Auf der benachbarten Grabplatte ist noch erkennbar: »anno 1688 Augustus Ehlers«. Auf der dritten Platte steht: »Selig sind die Toten, die in dem Herrn sterben. Hier ruhen die Gebeine einer wahren Freundin Jesu, der Jungfer Catharina Elisbeth Godtschalck, geboren in Burtscheid bei Aachen, gestorben in Stolberg 1735. Römer 8,31-34«. Von der Verstorbenen wird berichtet, sie habe Zeit ihres Lebens keinen Gottesdienst versäumt. Die vierte Grabplatte lässt nur noch ein Löwenwappen erkennen. Auf dem Friedhof vor der Kirche stehen weitere alte Grabsteine.
Eines der Kirchenfenster hat der Kupfermeister Abraham von der Weiden im Jahre 1648 gestiftet. Er war einer der wenigen lutherischen Kupfermeister in Stolberg und zur Zeit des Kirchbaus Kirchmeister der Gemeinde. Das benachbarte Fenster auf der Hangseite stammt aus dem Jahr 1939. Auf der Talseite zeigen zwei Fenster die Wappen reformierter Kupfermeisterfamilien. Ein von außen noch erkennbarer Riss in der Mauer auf der Südseite nahe dem Altar erinnert an das Erdbeben von 1755.
In den 1930 Jahren wurde die Kirche renoviert. Die Schäden des letzten Krieges waren zum dreihundertjährigen Jubiläum beseitigt. Schäden im Holzwerk machten im Jahr 1970 eine weitere Ausbesserung nötig. Die letzte umfassende Sanierung der Kirche war 1996 abgeschlossen.
Die Vogelsangkirche liegt heute mit dem Friedhof abseits des Ortszentrums. Zu ihrer Bauzeit stand sie im Mittelpunkt des Ortes. Im Stolberg des 17. Jahrhunderts bildete der Platz vor dem Aufgang zur Kirche den ersten Marktplatz, über den die Vogelsangstraße als Hauptstraße Stolbergs führte. So hat die Vogelsangkirche unter dem Schwan, einem Sinnbild des lutherischen Glaubens, das Werden Stolbergs begleitet.
Text: Herrat Schleicher und Pfarrer Dr. Gerd Rosenbrock - Fotos: Arvid Schlegel-Krakau